Im Mai 2024 wurde ich vom ehrenamtlichen Dienst Berlin-Kreuzberg berufen.
Seit 2019 berate und betreue ich überwiegend Senioren und Senioreninnen in Sachen Pflegegel-Leistungen. Viele ältere Herrschaften haben einen Pflegegrad, wissen aber überhaupt nicht, zu welchen Leistungen sie berechtigt sind. Grund dafür ist, dass die Krankenkassen (KK) und ihre Pflegekassen (PK) nicht daran interessiert sind, Pflegegeldleistungen an Berechtigte auszuzahlen, die im häuslichen Umfeld von ihren Angehörigen gepflegt werden.
Jede KK unterhält ihre eigene Pflegekasse. Das System mit dem diese staatlichen Institutionen arbeiten nenne ich das „Vermeidungssystem“, sprich es gilt mit allen Mitteln verfügbaren Mittel zu vermeiden, Geld an Berechtigte auszuzahlen. Warum tun sie das? Der Staat hat (angeblich) keine Geld! Und unsere Gesetzgebung bzw. die Zusammenstellung unserer Sozialsysteme ist so ausgerichtet, dass dieses „Vermeidungssystem“ zwar immer noch gesetzmäßig ist, aber von den KK und PK stark gebeugt werden kann, bevor es tatsächlich zum Rechtsbruch kommt.
Das Marketing-Werkzeug, welches die KK und PK benutzt wird ist denkbar einfach. Es ist die Verwirrung; heißt, die KK und PK verwirren ihre Kunden dermaßen, das bis zu 90% der Betroffenen gar nicht mehr verstehen und dadurch eine Beantragung der Leistungen einfach lassen. Mit diesem Trick sparen die KK und PK bis zu 90% aller Auszahlungen, die normalerweise den Betroffen gesetzlich zustehen.
Die Pflegeversicherung wurde am 1. Januar 1995 von der Schwarz-Gelben Regierung unter Kanzler Kohl eingeführt und gehört seitdem zu unserem Sozialsystem. Es wird seitdem im SGB (SozialGesetzBuch) XI (11) geführt. Noch heute merkt man dem Gesetzestexten deutlich die Beeinflussung durch CDU/FDP an. Die Pflegeversicherung ist eine Pflichtversicherung und wird durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer monatlich über die Lohnabrechnungen gespeist.
Die Einnahmen lagen bei 61,01 Milliarden Euro, die Ausgaben bei 59,23 Milliarden. Die Jahre 2022 und 2021 (Pandemie) hatte sie jeweils mit einem Defizit abgeschlossen. Die liquiden Mittel lagen Ende 2023 bei 6,9 Milliarden Euro.
Mit dem Geld aus der Pflegeversicherung werden alle Pflegegeld-Leistungen gezahlt.
Man ist berechtigt Pflegegeld-Leistungen zu erhalten, wenn ein Pflegegrad festgestellt wurde.
Um einen Pflegegrad zu erhalten, muss man einen formlosen Antrag auf Pflegegeld-Leistungen bei seiner Krankenkasse stellen. Die PK beauftragt dann den Medizinischen Dienst (MD), um ein Pflegegeld-Gutachten zu erstellen.
Der Medizinische Dienst ist KEIN unabhängiger Gutachter, sondern ein verlängerter Arm der Krankenkassen. Im Gesetz SGB XI steht dazu im § 97d SGB XI Begutachtung durch unabhängige Gutachter:
(1) Von den Pflegekassen gemäß § 18 Absatz 1 Satz 1 beauftragte unabhängige Gutachter sind berechtigt, personenbezogene Daten des Antragstellers zu verarbeiten, soweit dies für die Zwecke der Begutachtung gemäß der §§ 18 bis 18c erforderlich ist. Die Daten sind vertraulich zu behandeln. Durch technische und organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Daten nur den Personen zugänglich sind, die sie zur Erfüllung des dem Gutachter von den Pflegekassen nach § 18 Absatz 1 Satz 1 erteilten Auftrags benötigen.
(2) Die unabhängigen Gutachter dürfen das Ergebnis der Prüfung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit sowie die Präventions- und Rehabilitationsempfehlung gemäß den §§ 18 bis 18c an die sie beauftragende Pflegekasse übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Pflegekasse erforderlich ist; § 35 des Ersten Buches gilt entsprechend. Dabei ist sicherzustellen, dass das Ergebnis der Prüfung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit sowie die Präventions- und Rehabilitationsempfehlung nur den Personen zugänglich gemacht werden, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.
Unter nachfolgenden Links stehen Gesetzestexte zum Medizinischen Dienst:
https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbxi/53d.html
https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbxi/18.html
Aus beiden Links geht hervor, dass der Medizinische Dienst KEIN unabhängiger Gutachter ist, sondern nur eine weitere staatliche Institution, zur Ermittlung eines Pflegegrades und/oder eine Institution, die den Krankenkassen und ihren Pflegekassen zuarbeiten.
Zur Ermittlung eine Pflegegutachtens bedient sich die Pflegekasse einem Modul, welches aus 6 unterschiedlichen Kategorien besteht. Man beantwortet Fragen. Mit jeder Fragen entstehen Punkte, die am Ende eine Gesamtpunktzahl ergeben. Dann kommt die „Gewichtung“ ins Spiel. Die Gewichtung rechnet die Gesamtpunktzahl künstlich und gewollt herunter. Wer also als Gesamt-Punktzahl nach der Befragung z.B. 67 Punkte hat und somit Pflegegrad 3 erhalten müsste, hat am Ende nur noch z.B. 40 Punkte und bekommt laut Gutachten nur noch Pflegegrad 2 . Hört sich erstmal nicht dramatisch an, ABER in der Realität bedeutet es, dass der Betroffene anstatt 573 € monatlich, nur noch 332 € monatlich bekommt; sprich es sind pro Monat 241 € weniger, sprich 2892 € pro Jahr weniger, die Pflegebedürftiger weniger pro Jahr zur Verfügung haben.
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